Guten Abend zusammen,
ich wollte nochmal fragen, ob Du nochmal erläutern kannst, warum es sich um
flm hat geschrieben: ↑Samstag 26. August 2023, 12:53
keine Dionysos-Darstellung o. Ä. handelt, sondern um eine reine Luzifer-Darstellung ohne andere christliche Elemente (vgl. Wesen mit Feuertöpfen auf dem Kopf bei Daniel Hopfer).
Bin völlig einverstanden mit dem Hinweis auf Renaissance-Grotesken als Vorbild und verstehe vermutlich, was dich in diese Richtung deuten lässt - der etwas wilde Kopf mit den großen Hörnern, das Gefäß, die Schlangen bzw. Drachen. Allerdings fehlt mir da ein bisschen eine tragfähige Brücke bzw. Kontext, ikonographisch und funktional. Da wäre zunächst die Bildtradition. Den Oberbösewicht explizit als solchen gibt es in der Groteske eigentlich nicht, der braucht eine Story um bildwürdig zu sein, - die Versuchung Christi, das jüngste Gericht oder den Engelssturz. Grotesken sind dazu zu unbestimmt, spielerisch, ornamental. Entsprechend fehlen hier auch eindeutige Kennzeichen bzw. Attribute. Die Hörner? Die Drachen? Pah... Das sind im Rahmen des grotesken Verwandlungsfurors völlig gängige Motive. Allenfalls könnte man dem ganzen Treiben einen etwas dämonischen Einschlag zugestehen und die Fratze allgemein als Dämon bezeichnen.
Allerdings ist es gerade ein Wesenzug von Grotesken, mit Mehrdeutigkeiten und Verwandlungen, mit Uneindeutigkeiten zu spielen. Und der aus der paganen Satyr-undsoweiter-Motivik in die ("christliche") Renaissance-Groteske entführte Gehörnte ist natürlich per se AUCH immer irgendwie dämonisch - weil antik, weil body- und eros-positiv, weil Verwandlung den ehernen kirchlichen Normen anrüchig war. Usw. Das ist im Rahmen der Groteske aber auch kein Problem, weil es eben ein Spiel ist, das, in den ornamentierten Flächen eingehegt ist und immer Ying und Yang zeigt: Auch in den Hopfer-Blättern, vielleicht meintest du dieses hier:
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Das zentrale, zugegeben etwas Bosch-mäßige Wesen mit der (gar nicht höllischen, oder?) Feuerschale wird flankiert von Amouretten/Putti, Sonnen, dann noch Delphine (Wasser!), Trompeten-Engel oben usw. Und bei dem Teller hier eben auch: Aus dem Bart wachsen Füllhörner, daraus quellen Ranken, die zu Drachen werden, die die Schlangen anfauchen die wiederum ...
Und die Früchte müssen/können dann auch nicht konkret ikonographisch festgepiekt werden, sie sind Vehikel der Verwandlung, des Werdens und Vergehens.
Hier noch ein besonders finsterer Gehörnter mit Frucht- statt Feuerschale
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ohne dass der als Satyr oder auch anders genau bestimmt werden müsste;
hier noch weitere lustige, verrückte und leicht eklige
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Denn Kopf auf dem Teller würde ich trotzdem eher als Satyr o.ä., weniger als Dämon bezeichnen, aber vielleicht reicht das neutrale "Gehörnter".
Zu den Datierungsproblen noch: Eine Entstehung im Historismus, um vielleicht das okkulte Interesse zur Jahrhundertwende zu bedienen, wäre ein Gedanke. Allerdings finde ich das Medium "bemalter Holzteller" dafür etwas merkwürdig-unprätentiös, eben kein dunkles Schnitzwerk. Auch habe ich da mit Material- und Oberflächen-Anmutung so meine Zweifel. Ich könnte mir die Entstehung ehrlich gesagt am besten während des Aniquitäten-Booms (und der Eso-Welle..?) der 70er/80er vorstellen...
Das ist aber nur eine Vermutung und soll deine Freude daran nicht schmälern, das ist schon ein interessantes Teil - sorry für den kritischen Einwurf!
LG thal