Pontikaki hat geschrieben: ↑Mittwoch 20. Dezember 2023, 21:32
zerfiel unter Luftabschluß sogar völlig in dem "Zipper" und eigenartigerweise war der Büddel innen total naß - obwohl trocken gelagert. Können mir die Geologinnen hier das erklären?
das ist reine Chemie, nix Geologie. Da man aber - um überhaupt Geologe werden zu dürfen - davon schon bis zum Vordiplom reichlich zuerst studieren muss, anorganische wie organische, na ja. Aber war ok, denn schon in meiner Schule wurde viel Wert drauf gelegt, nach dem Motto 'das ganze Leben ist Chemie' und wer die Zusammenhänge der stofflichen Welt verstehen wolle usw. usw. und :smirk: - hat sich jedoch interessanterweise in fast allen späteren beruflichen Stationen als fast elementar wichtig gezeigt und sehr nützlich gemacht - viel mehr als die ganze Steineklopperei und Wissen um alte tote Tiere.
Die Beobachtungen ohne oder im Plaste-Beutel sind zwar vermutlich richtig, aber die Erkenntnis oder Schlussfolgerung nicht. Der Hund liegt andersrum begraben.
Dann mal los - Pyrit hat die chemische Formel FeS2 - es ist (in reiner Form) das Disulfid zweiwertigen Eisens. Das kann mit Sauerstoff der Luft O2 zu
Eisen(II)-sulfat (Ferrosulfat), also FeSO4 oxidieren und dabei wird Schwefeldioxid SO2 frei.
Sprich, der Pyrit fängt an zu zerfallen. Das ist das, was auch Deinen 'luftig gelagerten' Objekten durchaus widerfährt; der goldige Glanz geht gemächlich von dannen.
Aber das ist eben noch nicht alles. Viel ursächlicher ist, dass in der Luft ja auch Feuchtigkeit ist, mal mehr, mal weniger, sagen wir in einem Zimmer im Schnitt 50%. Das nennt sich auch Wasser, chemische Formel H2O. Und wenn das da ist, macht es dabei dann auch klar mit und es passieren weitere Sachen. Es braucht keine Wasserfälle oder Regengüsse - das geschieht halt auf molekularer Ebene. Also dann grundlegend nämlich so (ohne echtes Formelgedöns der Mengen): Pyrit FeS2 + Sauerstoff O2 + Wasser H2O werden zu Ferrosulfat FeSO4 + Schwefelsäure H2SO4 + Schwefeldioxid SO2.
Bäh - Schwefelsäure? ja. Jedoch auch: Ferrosulfat als solches ist hellblau. Kann aber auch (kristall-)wasserhaltig sein und dann bekommst Du u.a. grüne Färbungen. Die Bezeichnung Eisenvitriol hat der eine oder andere vllt. schonmal gehört
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Das ist wahrscheinlich das, was Du u.a. auf Deiner Pyritsonne siehst. Und Schwefelsäure dürfte dann u.a. das Nass im Beutel sein. Wäre interessant gewesen, da halt ein Indikatorpapierchen reinzuhalten (auf Säure bzw. auch auf welche).
Rückschluss daraus - je mehr Sauerstoff und/oder Wasser zur Verfügung steht, desto mehr Umwandlungsreaktionen sind möglich. Da kommt dann der Punkt Irrtum hinsichtlich des 'Luftabschlusses' - in dem Büdel ist genug drin, um fröhlich weiterzuoxidieren. Was da nicht stattfindet, ist ein Luftaustausch. Kein Abtrocknen der angegriffenen Oberflächen bei auch mal sinkender Luftfeuchtigkeit, kein 'Verduften können' des immer mehr werdenden Schwefeldioxids oder Verdünnung dessen durch mehr Luft. Ist genug Anfangsfeuchte vorhanden, kann das sogar noch schweflige Säure zusätzlich machen.
In einer Schublade z.B. einer alten, trockenen Holzkommode passiert daher nicht direkt weniger - das Ganze nur (sehr) viel langsamer, da solch ein Möbel eben auch Feuchte aufnimmt und einen Gasaustausch zulässt.
In einem Plastikbeutel ist alles drin, was Du einst reingesteckt hast. Und bleibt so gut wie alles auch drin. Ungestört. Die drei Komponenten können sich voll aufeinander konzentrieren und eben tun, was sie nicht lassen können.
Was ich jetzt hier erst nur betrachtet habe, sind die Reaktionen der 'reinen' Beteiligten. In einem Pyrit kann mehr sein, als nur FeS2 "In vielen Mineralproben finden sich allerdings teilweise erhebliche Anteile anderer Elemente."
[Gäste sehen keine Links] - daher kann es sich bei den 'Ausblühungen' - also mikrokristallinen Kristallneubildungen - unter auch noch Anwesenheit von Schwefelsäure um alles Mögliche handeln.
Hinzu können auch noch 'zersetzende' Einflüsse von Bakterien kommen. Es wurde und wird immer wieder auch über z.B. Acidithiobacillus ferrooxidans diskutiert. Ob, ob nicht genau die Kerlchen erst die Säure machen, diesen Prozess katalysieren ... und man Stücke für Sammlungen nicht einfach zuerst in ein Bakterizid stecken sollte und erst danach dann unter kontrollierter Luftfeuchte und Sauerstoffgehalt aufbewahren.
Weil, die sind auch gut / bekannt als Teilnehmer der biologischen Entrostung, wo sie genau das tun - s. Mikrobielle Herstellung von Schwefelsäure
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Ansonsten: das Netz ist voll des Themas 'pyrite disease' aus verschiedenen Blickwinkeln und mit unterschiedlichen Lösungsansätzen, das Verrotten von Schwefelkies zu analysieren, zu stoppen, verlangsamen, verhindern versuchen
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Weil es auch wertvolle Fossilien betrifft, die ja 'pyritisiert' vorliegen können. Hab seit Jahren ein Scheibchen dunklen Schiefers mit einem solchen wohl hauchdünnem, aber vollständigen Ammonitenabdruck drauf, ca. 20 cm Durchmesser. Beim Fund war eine noch bergfeuchte Platte gespalten worden und jemand anderes erhielt die andere Hälfte. Mit bloßer Unkenntnis, nur der Optik wegen - weil das war alles so grau, blass und undeutlich geworden, als es trocknete - hab ich das mit Klarlack überzogen. Sieht schön aus wie immer. Von der anderen Hälfte erfuhr ich später, dass der gesamte Abdruck nach knapp zwei Jahren einfach abblätterte und dann auch der Tonschiefer an der Seite begann zu bröseln.
Pontikaki hat geschrieben: ↑Mittwoch 20. Dezember 2023, 21:32
Ich rate jedenfalls allen Pyritbesitzern, diese schön luftig aufzubewahren.
das solltest Du daher nicht - höchstens 'statt' auch noch in einen Plastikbehälter ohne weitere Maßnahmen zu stecken.
Denn wichtiger als Sauerstoffkontrolle - obwohl das Element schon die grundlegende Veränderung bewirken kann - aber die u.U. nicht so ganz einfach ist, ist eben die der Luftfeuchtigkeit. Unter 50 % versuchen zu halten; 30 % wäre besser. Einfachstes Mittel der Wahl ist Kiesel-/Silicagel - dafür kann man nach Trocknung auch die kleinen Tütchen verwenden, die man in vielen Produkten oder deren Verpackungen findet, wenn man sie kauft. Und Pyrit damit zusammen dann eintüten / einboxen, um neuerliche Wassermolekülzufuhr zu unterbinden. Ggf. ab und an wechseln. Alles andere, auch mögliche Oberflächenbeschichtungen - das geht nun denn aber wohl doch zu weit und kann man Vorschläge / Verfahren nachlesen.